Undine. Eine Erzählung by Friedrich de la Motte Fouqué

Undine. Eine Erzählung by Friedrich de la Motte Fouqué

Autor:Friedrich de la Motte Fouqué [Fouqué, Friedrich de la Motte]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: isbn:9783159610429
Herausgeber: Reclam
veröffentlicht: 2017-05-26T00:00:00+00:00


Eilftes Kapitel

Bertaldas Namensfeier

Die Gesellschaft saß bei Tafel, Bertalda, mit Kleinodien und Blumen, den mannigfachen Geschenken ihrer Pflegeeltern und Freunde, geschmückt, wie eine Frühlingsgöttin, obenan, zu ihrer Seiten Undine und Huldbrand. Als das reiche Mahl zu Ende ging, und man den Nachtisch auftrug, blieben die Türen offen; nach alter, guter Sitte in deutschen Landen, damit auch das Volk zusehen könne, und sich an der Lustigkeit der Herrschaften mitfreuen. Bediente trugen Wein und Kuchen unter den Zuschauern herum. Huldbrand und Bertalda warteten mit heimlicher Ungeduld auf die versprochne Erklärung, und verwandten, sosehr es sich tun ließ, kein Auge von Undinen. Aber die schöne Frau blieb noch immer still, und lächelte nur heimlich und innig froh vor sich hin. Wer um ihre getane Verheißung wusste, konnte sehn, dass sie ihr erquickendes Geheimnis alle Augenblick verraten wollte, und es doch noch immer in lüsterner Entsagung zurücklegte, wie es Kinder bisweilen mit ihren liebsten Leckerbissen tun. Bertalda und Huldbrand [58]teilten dies wonnige Gefühl, in hoffender Bangigkeit das neue Glück erwartend, welches von ihrer Freundin Lippen auf sie herniedertauen sollte. Da baten verschiedne von der Gesellschaft Undinen um ein Lied. Es schien ihr gelegen zu kommen, sie ließ sich sogleich ihre Laute bringen, und sang folgende Worte:

Morgen so hell,

Blumen so bunt,

Gräser so duftig und hoch

An wallenden Sees Gestade!

Was zwischen den Gräsern

Schimmert so licht?

Ist’s eine Blüte weiß und groß,

Vom Himmel gefallen in Wiesenschoß?

Ach, ist ein zartes Kind! –

Unbewusst mit Blumen tändelt’s,

Fasst nach goldnen Morgenlichtern; –

O woher? Woher, du Holdes? –

Fern vom unbekannten Strande

Trug es hier der See heran; –

Nein fasse nicht, du zartes Leben,

Mit deiner kleinen Hand herum;

Nicht Hand wird dir zurückgegeben,

Die Blumen sind so fremd und stumm.

Die wissen wohl sich schön zu schmücken,

Zu duften auch nach Herzenslust,

Doch keine mag dich an sich drücken,

Fern ist die traute Mutterbrust.

So früh noch an des Lebens Toren,

Noch Himmelslächeln im Gesicht,

Hast du das Beste schon verloren,

O armes Kind, und weißt es nicht.

Ein edler Herzog kommt geritten,

[59]Und hemmt vor dir des Rosses Lauf;

Zu hoher Kunst und reinen Sitten

Zieht er in seiner Burg dich auf.

Du hast unendlich viel gewonnen,

Du blühst, die Schönst’ im ganzen Land,

Doch ach! die allerbesten Wonnen

Ließ’st du am unbekannten Strand.



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